Das Ritual des Verzeihens

Wenn ein Stammesmitglied der Babemba aus Südafrika ungerecht gewesen oder unverantwortlich gehandelt hat, wird er in die Dorfmitte gebracht, aber nicht daran gehindert wegzulaufen. Alle im Dorf hören auf zu arbeiten und versammeln sich um den "Angeklagten". Dann erinnert jedes Stammesmitglied, ganz gleich welchen Alters, die Person in der Mitte daran, was sie in ihrem Leben Gutes getan hat.

 

Alles, an das man sich in Bezug auf die Menschen erinnern kann, wird in allen Einzelheiten dargelegt. Alle seine positiven Eigenschaften, seine guten Taten, seine Stärken und seine Güte werden dem "Angeklagten" in Erinnerung gerufen. Alle, die den Kreis um ihn bilden, schildern dies sehr ausführlich. die einzelnen Geschichten über diese Person werden mit absoluter Ehrlichkeit und großer Liebe erzählt.

  

Es ist niemanden erlaubt, das Geschehende zu übertreiben und alle wissen, dass sie nichts erfinden dürfen. Niemand ist bei dem, was er sagt unehrlich und sarkastisch. Die Zeremonie wird so lange fortgeführt, bis jeder im Dorf mitgeteilt hat, wie sehr er diese Person als Mitglied der Gemeinde schätzt und respektiert. Der ganze Vorgang kann mehrere Tage dauern. Am Ende wird der Kreis geöffnet und nachdem der Betreffende wieder in den Stamm aufgenommen worden ist, findet eine fröhliche Feier statt.

 

Wenn wir durch die Augen der Liebe sehen...

wie es in der Zeremonie so schön sichtbar wird, entdecken wir nur Vergebung und den Wunsch nach Integration. Alle Mitglieder des Kreises und die Person, die in der Mitte steht, werden daran erinnert, dass durch Verzeihen die Möglichkeit gegeben wird, die Vergangenheit und die Angst vor der Zukunft loszulassen. Der Mensch in der Mitte wird nicht länger als schlecht bewertet. Stattdessen wird er daran erinnert, wie viel Liebe in ihm steckt. Wie wäre es, wenn wir diese Zeremonie des Stammes der Babemba in unsere Familie zum Leben bringen würden? In einer etwas kleineren Form könnte man es zu einem Ritual machen - einem Ritual des Verzeihens. Ich kann mir vorstellen, dass dies nicht nur in der Familie, sondern sogar in einer Partnerschaft möglich ist. 

 

(Aus dem Buch "Willkommen im Zauberwald" von Jürgen Wolf)

 

 www.juergenwolf.org

 

 

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